Heute ist Welt-Down-Syndrom-Tag. Und ich möchte über diesen Tag schreiben – viel zu spät, zuletzt war es noch eine Woche hin und jetzt ist er da. Der Tag, der für sehr viele Menschen ein Tag wie jeder andere ist. Und für einige Menschen ist es ein Tag, an dem die Menschen, die betroffen sind, darüber nachdenken, was dieser Tag bedeutet. Oder auch nicht. Ich glaube, dieser Tag geht bei den „Normalos“ unter. Und schon morgen ist dieser Tag ein Gestern.
Down-Syndrom, na und? Ja, aber.
Ich möchte jetzt nicht die vielen Feierlichkeiten und Demonstrationen beschreiben, die es durchaus gibt, und die sehr, sehr wichtig sind. Ich möchte erzählen, was dieser Tag für mich persönlich bedeutet – als Mutter einer Jugendlichen mit Down-Syndrom.
Dieser Tag lässt mich nachdenken über eine Gesellschaft, die ihre erwachsenen Mitglieder mit Handicap noch immer gern versteckt. Eine Gesellschaft, in der andere Frauen eine junge Mutter und ihr geistig behindertes Kind ansprechen, wie denn heute „so was“ passieren könne. Eine Gesellschaft, in der für Bildung zu wenig Geld ausgegeben wird, so dass eine Regelschule dieses Kind zwar aufnehmen würde, weil es ja müsse, „so was“ aber noch nie gehabt habe.
Eine Gesellschaft, die nicht zulässt, dass geistig behinderte Menschen so viel Geld verdienen, wie sie können oder wollen. Eine Gesellschaft, in der viel über Gendersprache diskutiert wird, die aber noch immer keinen anderen Begriff für „geistig behinderte“ Menschen gefunden hat. Einen alternative Begriff, der nicht zugleich als Schimpfwort verwendet würde.
Hallo Gesellschaft, wer ist schon normal?
Dieser Tag, der 21.3.2019, erinnert mich vor allem an die vielen Hürden, die wir als Eltern und natürlich unsere nicht-normalen Kinder nehmen müssen, wenn wir nicht den vorgegebenen Weg der Förderschule mit anschließender Werkstatt gehen möchten. Dieser Tag macht mich wütend, weil wir es einfach nicht schaffen, das Positive zu sehen, sondern Menschen immer nur an ihren Defiziten beurteilen. Die durchaus gegeben sind – aber bei uns allen! Defizite, mit denen die einen besser umgehen können als die anderen. Warum nicht den Blick auf das lenken, was jeder Einzelne und zum Wohle aller einbringen kann? Weg vom defizitären Denken, hin zu mehr Nachhaltigkeit im Sozialen.
Social Skills retten uns alle.
Wir alle können mehr Freude in unserem Leben gebrauchen. Weniger normkonformes Sein und mehr aus dem Rahmen Fallen, um die Ecke Denken. In dieser wunderbaren, neuen, nachhaltigen Welt würden sich alle Menschen aktiv einbringen dürfen. Und Menschen mit Down-Syndrom hätten da sehr viel zu bieten: mehr Freude, mehr Empathie, Offenheit, Zufriedenheit, weniger Anspruchsdenken, mehr Kreativität und unglaubliches Mitgefühl.
Sie wären überall – in unseren Frisörläden würden sie Azubi-Tätigkeiten übernehmen, im Supermarkt Regale einräumen, sie würden im Zoo die Tierpfleger unterstützen, sie würden im Kindergarten als Hilfskraft arbeiten, in Restaurants würden sie bedienen, in Büchereien Bücher sortieren, etc, etc, etc. Es gibt viele Möglichkeiten, aber es mangelt am Willen der Entscheider. Ich hoffe sehr, dass sich etwas tut und wir mehr erreichen als nur Werkstatt-Plätze. Let’s hope and do our best, my friends.
Wie mir Yoga bei all den Hürden hilft, die ich oben beschrieben habe, erfahrt ihr hier: Wie mir Yoga hilft
Foto: Ute Freundl