Body Principles (ISBN 978-3-86191-242-2) ist ein Buch über die Prinzipien des Körpers, geschrieben von der ehemaligen Artistin und heutigen Yogalehrerin Nella Skuban in Zusammenarbeit Ralph Skuban. Es hat mich sofort interessiert, zumal ich sie beim gemeinsamen Üben bei Ashtanga-Yogalehrer Manfred Gauper erlebt – und ganz besonders ihr Gleichgewicht im Handstand bewundert habe. Aber das ist lange her und ich praktiziere mittlerweile völlig anders. Und Nella vermutlich auch, sie hat zusammen mit ihrem Mann Ralph Skuban, Experte für therapeutische Atemarbeit, die Skuban Akademie gegründet. Dort bieten die beiden therapeutische Körper- und Atemarbeit in verschiedenen Formaten an.
Körper, Geist und Atem – wie alles zusammenhängt und uns zusammenhält
Was mir an dem Buch besonders gefällt ist, dass es keine starre Doktrin vertritt, sondern viel Spielraum lässt für das eigene Erleben des Körpers in der Bewegung und beim Atem. Denn in diesem Spielraum kann sich Körperarbeit individuell entfalten. Dabei spielt Yoga eine große Rolle in der Bewegungsarbeit, aber eben nicht nur. Oder angereichert mit anderen Formen, den Körper in Bewegung zu bringen, zu massieren und mit Atemarbeit zu versorgen. Das Ergebnis ist größtmögliches Wohlbefinden und Ruhe im Geist – was ja auch durch Yoga erreicht werden kann. Aber in der Welt, in der wir leben, mit all ihren Herausforderungen und Triggern, braucht es einen großen Werkzeugkasten, an dem wir uns bedienen können, um die gesuchte Entspannung zu finden – ohne Schmerzen, Zipperlein und Wehwehchen.
Body Principles in der Theorie, in der Praxis und Übungssequenzen
Der Aufbau des Buches ist gut strukturiert und besteht aus einem Theorieteil, einem Praxisteil, einem bebilderten Übungsteil. Im Theorieteil stellt die Autorin die vier Grundprinzipien vor, „um den Körper mit seinen verschiedenen Strukturen in einem dynamischen Gleichgewicht zu halten“ (S. 19). Diese sind Vibration/Schwingung (Lockerung), Kontraktion (Anspannung), Expansion (Dehnung) und Kompression (Druck, Massage). Nella Skuban erklärt diese Prinzipien anschaulich und unterlegt sie mit eigenen Erfahrungen aus ihrer Zeit als Artistin. Dabei kommt sie auch auf das Faszien-Netz des Körpers zu sprechen, das uns zusammenhält und überaus komplex ist. Immer wieder nimmt sie Bezug zu Stress, chronischen Schmerzen und Krankheiten und wie uns eine bewusste Propriozeption, also bewusste Wahrnehmung unseres Körpers und Atems, helfen kann, bei uns zu bleiben, gelassener zu sein, weniger anfälliger zu werden: „Ich verstehe die Körperarbeit vor allem als einen Weg, [um] zu mehr Bewusstheit und Präsenz zu gelangen. Bewegung ohne Eigenwahrnehmung ist wie eine Verpackung ohne Inhalt.“ (S. 48)
In diesem ersten Theorieteil ist auch ein Artikel über den Atem integriert, geschrieben von Ralph Skuban. Er schafft die Verbindung zwischen gesundem Atmen und den vier Grundprinzipien und veranschaulicht sie in kurzen Übungen. Außerdem werden die Merkmale einer natürlichen, funktionalen Atmung erklärt – durch die Nase, in den Bauch nach unten, langsam, loslassend und leise.
Es folgen Erläuterungen über den Einfluss unserer Haltung auf den Geist bzw. unser mentales Wohlbefinden und zum Schluss des Theorieteils einige Tipps für die praktischen Übungen. Dazu gehören u.a. bewusstes Üben, der Einsatz von Faszien- und Massagerollen, der Einbau einer Schlussentspannung, das Beobachten des Atems, Geduld und auch Übungspausen.
Der Praxisteil enthält viele Details über Bewegungsrichtungen, Gelenke, Körperteile und die Anwendung der vier Grundprinzipien. Sie wird anhand von Bildern verdeutlicht und ist die Basis für den Übungsteil. Kontraindikationen der einzelnen Übungen sind leicht erkennbar. Arbeitet man sich durch diesen Teil gewissenhaft durch, hat man ein schönes User Manual für jede Art von Beschwerde, aber auch einen guten Überblick, wie vielfältig Bewegungen sein sollten. Diese Vielfalt fängt dann der Übungsteil des Buches ein und schlägt praktische Sequenzen mit Bezug zu den Grundprinzipien vor – zum Beispiel zu den Themen Beinfreiheit, Schultern, Hüften oder die Kombination aus einzelnen Themen. Auch eine Sequenz zur Ganzkörpermassage mithilfe von Faszienrolle und -ball ist dabei.
Zufriedenheit durch gesunde körperliche und geistige Beweglichkeit
Wer Lust hat, sich mit dem eigenen Körper zu beschäftigen und ihn noch besser zu erforschen, um zu mehr Wohlbefinden zu gelangen und neue Anregungen zu erhalten, die in die eigene Bewegungspraxis eingebaut werden können, trifft mit Nellas Buch eine sehr gute Wahl. Beweglich bleiben, im Körper wie im Geist – davon hängt letztlich unsere Zufriedenheit ab – deshalb ist wohl auch dieses Zitat von Kurt Marti dem Buch vorangestellt:
„Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen wir hin, und niemand ginge, einmal zu schauen, wohin man käme, wenn man ginge.“ (S. 4)
Foto: Ute Freundl
Weitere Buchrezensionen findest du zum Beispiel hier:
Erleuchtet in drei Atemzügen von Doris Iding