Ein schmaler Grat
Yogaunterricht darf jetzt auch in Bayern wieder stattfinden, live und als Präsenzstunde, ohne Bildschirm, ohne WLAN – das ist eine gute Nachricht. Trotzdem ist nicht alles so unbeschwert wie früher. Denn der Unterricht findet unter neuen Bedingungen statt, die uns ein Virus diktiert, und die wir einhalten, um uns gegenseitig zu schützen. Zu diesen Bedingungen gehören u. a. die Teilnehmerbeschränkung und eine ausreichende Belüftung. Auch ich darf endlich wieder live unterrichten – die Zeiten findet ihr auf meiner Yogawebsite: das ist yoga: unterricht
Für den Yogaunterricht sind die Regelungen zur Belüftung von geschlossenen Räumen wichtig und gut und im Sommer sowieso kein Problem. Wie es im Winter allerdings werden wird, das wird sich zeigen. Denn Zugluft ist für viele störend, ganz besonders, wenn sie vielleicht etwas schwitzen – aber ist Schwitzen überhaupt noch erlaubt in Zeiten von Corona?
Präsenz mit Distanz im Yogaunterricht
Es ist schwierig – und zwar für uns alle. Und während die einen über die Vorgaben lächeln oder sogar dagegen demonstrieren, sind es für die anderen wichtige Anker, an denen sie ihre Sorge und ihre Ängste abarbeiten können. Denn wer darf darüber urteilen, wie sich eine Krise für uns auszuwirken hat, welche Ängste sie löst und welches Verhalten sie nach sich zieht? Wir alle bringen unsere persönliche Geschichte mit, die uns prägt, und mit der wir durchs Leben ziehen. Und ich sehe Schüler von mir, die sich sorgen und die penibel auf die Einhaltung der Hygienemaßnahmen achten. Und dann gibt es andere, die sehr entspannt mit der Situation umgehen, auch das ist völlig in Ordnung, solange sich alle gleichermaßen an die Vorgaben halten. Der Grat ist schmal und sehr schnell sind wir zu nah an unserem Nächsten dran. Gut, dass uns die Yogamatten den Abstand einhalten lassen.
Über die eigene Krone hinauswachsen
Akzeptanz und ein respektvoller Umgang hat uns diese Krise gelehrt – oder sollte es zumindest getan haben. Und auch wenn das C-Wort inzwischen niemand mehr entspannt hören kann, bleibt es in aller Munde. Auch im Yoga spreche ich immer wieder von der Krone – allerdings mit einer völlig anderen Bedeutung und sehr viel positiver besetzt: In den Asanas, den Yogahaltungen, streben wir danach, Länge im Körper zu kreieren, über unsere Kopfkrone hinauszuwachsen, die unsichtbare Krone über uns zu erreichen. Aber Yoga steht immer auch für die andere Richtung – die Erdung, die Verwurzelung, die wir in unserem Körper aktiv suchen, indem wir die Füße fest auf dem Boden verankern, spüren, und uns der Schwerkraft hingeben. Zwischen diesen beiden Polen – dem Aufwärts und dem Abwärts – passiert Yoga – nicht nur im Körper, sondern auch im Geist. Denn in allen Übungen schwingt das Leben mit, das außerhalb der Matte stattfindet. Sie dienen als Übungspflaster, das auf unser Verhalten in den verschiedensten Situationen übertragen werden kann und soll.
Yogaunterricht in der Krise – unbedingt!
Zuhause sind wir zurzeit alle viel und gefühlt die ganze Zeit. Da lässt sich wunderbar Yoga üben – online in Echtzeit oder mit Videos. Ein paar Beispiele habe ich auf Youtube gestellt: textyogi auf youtube. Yoga bringt Heilung und ist die Kur, um uns in Krisenzeiten zu stützen: Denn auf der Matte lernen wir, die Dinge mit Gleichmut anzunehmen, wir lernen, dass wir innerlich stabil bleiben können, wenn außen vieles in Bewegung ist und uns vielleicht sogar bedroht. Nebenbei tun wir etwas für unser Immunsystem, wirken Depressionen vor und bleiben aktiv – und nicht im Freeze-Modus.
Yoga lehrt Toleranz!
Das System Yoga lehrt uns außerdem Toleranz, die schon durch die Yogaphilosophie vorgegeben ist. Und Toleranz ist in diesen Zeiten überall gefragt, egal, wo wir hinblicken. Vielleicht erklärt diese Toleranz auch die große Beliebtheit, die Yoga im Westen erfahren hat und weiterhin erfährt. Denn Toleranz bedeutet auch, dass es nicht darum geht, der oder die Beste, Schlauste, Fitteste zu werden. Sondern es geht um das Akzeptieren der eigenen Grenzen und das Herantasten an die Erweiterung derselbigen. Es geht um das Hineinspüren in den eigenen Innenraum, und auch um gute Gefühle: Dies alles ist in unserem Alltag, der immer noch von Wettbewerb und Abgrenzung geprägt ist, dringend nötig.
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