#fragdenyogi: Nathalie Prieger im Interview über Beruf, Familie und Yoga

Beruf und Yoga: “Vor allem kommt es auf die Begegnung mit den Menschen an”

Nathalie Prieger ist die Gründerin des nachhaltigen Yogalabels MANDALA (mandala-fashion.com), Yogini und Mutter von zwei Töchtern. Im Interview erzählt sie über ihren Werdegang, wie sie Beruf und Familie meistert und welche Rolle ihre eigene Yogapraxis dabei spielt.

Textyogi: Nathalie, was war zuerst da: deine Yogapraxis oder die Liebe zur Mode?

Nathalie Prieger: Bereits mit 15 Jahren wollte ich Modedesignerin werden und nähte meine Outfits selber. Mode hat mich schon immer fasziniert, vor allem beobachtete ich, wie Menschen durch Styling ihren individuellen Ausdruck finden. Yoga habe ich erst mit 27 Jahren auf einer Indienreise entdeckt, seither praktiziere ich.

Textyogi: Bitte erzähle uns etwas über die wesentlichen Stationen auf deinem Weg zur eigenen Marke!

Nathalie Prieger: Ich habe zehn Jahre lang in der Mode gearbeitet – zuletzt als Chefdesignerin bei MCM. Dann beschloss ich, dass ich meine eigene Linie kreieren wollte. Ich habe eine Auszeit genommen und für eine Hilfsorganisation in Indien gearbeitet. Dort hatte ich die Idee, ein Yogalabel zu gründen: Das war im Jahr 2001.  Durch das Verständnis von Yoga war klar, dass meine Linie ökologisch und fair sein musste. Allerdings hat das die Kunden damals überhaupt nicht interessiert. Obwohl wir sehr schnell von namenhaften Häusern wie Ludwig Beck und Sport Schuster in München, Harrods in London, Conleys und einigen Luxus-Hotels gekauft wurden, interessierte ökologisch korrekt hergestellte Mode so gut wie Niemanden.

Die Pioniere in der Yogamode

Die Kunden hatten keine Vorstellung davon, was Yogamode sein sollte, daher bezeichneten wir Mandala erst mal als eine Wellness Collection, das war für die Einkäufer verständlicher. Wir waren Pioniere in der Yogamode und haben uns den Markt hart erarbeitet. Unsere Manufakturen, Mitarbeiter und Kunden überzeugten wir von der nachhaltigen Idee und haben damit den Zeitgeist getroffen: Klimawandel war auf einmal Thema, die Ausbeutung von Arbeitern in Mode produzierenden Ländern ging durch die Medien. Das hat uns dabei geholfen, ein glaubwürdiges und authentisches Image aufzubauen. Die ersten zehn Jahre waren hart, wir haben keine Gewinne gemacht, sondern schafften es gerade zu überleben. Mittlerweile beliefern wir in Europa mehr als 180 Point of Sales, fast jede Frau in Deutschland die Yoga übt, kennt Mandala.

Textyogi: Wie bist du zum Yoga gekommen und v.a. wie hast du eine eigene Übungspraxis entwickelt?

Nathalie Prieger: Ich reise viel und gerne, in New York bemerkte ich, das Yoga populär wurde, ging in das noch kleine Jivamukti Center auf der Lafayette Street. In Indien im Jahr 1998 hatte ich dann meine erste Ashtanga Yogastunde, seitdem praktiziere ich. Dazwischen habe ich zwei Kinder bekommen, die ersten Jahre weniger intensiv geübt, denn als Mutter und Unternehmerin hatte ich einen straffen Zeitplan. Je nachdem, wie die Kindergartenzeiten, Schulzeiten und Ferien waren, habe ich meine Yogapraxis oder meine Arbeit ´drum herum gebaut.

Das hieß: Abends früh ins Bett gehen, keinen Alkohol trinken, damit eine Praxis in der Früh möglich ist, keine Parties, viel zuhause bei den Kindern sein. Das ist mir nie schwer gefallen, da die Zeit auf der Yogamatte mir immer Freude bereitet, ´I love it´. Gute Yoga-Lehrer haben mich über die Jahre begleitet: Bettina Anner, Manfred Gauper und Lino Miele – zu allen gehe ich noch immer.

Textyogi: Die Gründung eines eigenen Unternehmens erfordert viel Kraft und Zeit. Wie hast du das mit deiner Familie vereinbart und was hat dich dabei angetrieben?

Nathalie Prieger: Ich habe einen wunderbaren Partner an meiner Seite, der mich unterstützt hat und drei Mal die Woche eine Kinderfrau, die zu uns nach Hause kam. Lange Urlaube und Yoga haben mir Kraft gegeben. Das Mandala Headoffice war im Erdgeschoss unseres Hauses in der Münchner City mit einem schönen Innenhof. So konnte ich arbeiten, während die Kinder spielten. Allerdings führte ich dann Telefongespräche mit wichtigen Key Accounts und meiner Tochter auf dem Arm, zeichnete mit Baby auf dem Schoss die neuen Modelle, hatte Malsachen und Spielzeug im Büro, damit die Kids beschäftigt waren. Es war mega anstrengend und trotzdem würde ich es heute wieder so machen. Philipp, mein Mann, und ich, schafften es, dass wir ein schönes Familienleben hatten, die Kinder zuhause betreut waren und wir immer frisches und gut gekochtes Essen auf dem Tisch hatten.

Textyogi: Was oder wer hat dir besonderen Rückhalt gegeben?

Nathalie Prieger: Ehrlich gesagt, hatte ich nie das Gefühl Rückhalt zu brauchen. Es fühlte sich alles sehr selbstverständlich an, ich bin schnell, kann gut planen und organisieren, Effizienz fällt mir leicht. Ich habe gut für mich gesorgt durch Yoga, interessante Reisen alleine und mit meiner Familie. Ich lebe sehr gerne, habe Freude am Alltag und mit den Menschen, die in meinem Umfeld sind. Natürlich gibt es die üblichen Herausforderungen, aber die löse ich gerne. Und genügend Schlaf, der gibt mir Kraft.

Keine Einheitsmode: die Bedürfnisse und Körper sind verschieden

Textyogi: Selbst Yoga zu üben und ein eigenes Yogalabel zu führen – für mich hört sich das nach der perfekten Kombination an: Wieviel Praxiserfahrung fließt in deine Kreationen mit ein?

Nathalie Prieger: Mein Team und ich studieren jedes Modell genau, wie geeignet es für die Yogapraxis ist. Es gibt auch Styles für den Yogalifestyle, also was man davor und danach anzieht.

Welche Modelle die Praktizierende als yogatauglich hält, ist unterschiedlich: Manche mögen enge Kleidung, damit alles am Platz bleibt beim Kopfstand und andere wollen lockere Kleidung, in der sie eingehüllt sind. Die Bedürfnisse und Körper sind verschieden, das habe ich vor allem bemerkt. Durch meine eigene Praxis in den Yogashalas auf der ganzen Welt sehe ich, was Frauen in Paris, London, Berlin, Istanbul, Goa, Afrika und auf Yoga-Workshops oder in Luxushotels tragen. Deshalb ist unsere Kollektion auch recht umfangreich, jede Saison gibt es 60 neue Styles, die diesen Trends angepasst sind.

 Yogaphilosphie leben und Unternehmerin sein

Textyogi: Du warst die Erste, die in Deutschland nachhaltige Yogamode hergestellt hat, versuchst seither die yogischen Grundprinzipien bei deiner Unternehmensführung zu berücksichtigen. Dazu gehört z.B. der Respekt vor allen Lebewesen, Freiheit von Habgier und Wahrhaftigkeit. Wie schwierig ist das, wenn es z.B. um Umsatzzahlen geht? Kann man die Yogaphilosophie leben und trotzdem eine erfolgreiche Unternehmerin sein?

Nathalie Prieger: Klar geht das. Wir tragen positiv zu dem Leben anderer Menschen bei. Ich fühle mich authentisch, mit dem was ich tue und mit dem, was ich als richtige Haltung im Leben verstehe, also den Werten, von denen wir als Yoga Praktizierende reden. Wir leisten mit unserem Label einen wertvollen Beitrag zur nachhaltigen Textil-Produktion, bei der die Umwelt geschont und die Leistung der Menschen in der Wertschöpfungskette richtig anerkannt wird. Wir möchten ein positives Beispiel für andere Textilfirmen sein.

Viele Yogalabels, die nach uns gegründet wurden, haben sich einiges bei uns abgeschaut – so haben wir z.B. Bio Baumwolle mit Elasthan-Anteil und recycelten Polyester eingesetzt – wir waren die erste Kollektion, die das angeboten hat. Als  Visionäre haben wir als Mandala andere dazu inspiriert, ihre Kollektion auch besser zu fertigen – darauf sind wir stolz.

Sich die Neugier bewahren, auf das, was jeden Tag passieren kann

Textyogi: Wo bzw. wie kannst du entspannen?

Nathalie Prieger: Ich sehe zu, dass ich möglichst jeden Tag Zeit für mich selber habe, in der ich ungestört machen kann, was mir gut tut. Das ist unterschiedlich: natürlich Yoga, ein gutes Essen zubereiten, indischen Chai kochen und dabei den Duft der frischen Gewürze einatmen, meine lieben Freundinnen treffen, Zeit mit meinen süßen Töchtern verbringen,  einen Spaziergang mit unserem Hund am Starnbergersee unternehmen, an meiner neuen Kollektion arbeiten, ein Wochenende mit meinem Mann Philipp in einer spannenden Stadt erleben, in fremde Länder reisen und dort Zeit mit Menschen anderer Kulturen verbringen. Ich kann an vielen Plätzen und in vielen Momenten entspannen – ich habe viel Lebensfreude und permanente Neugier, auf das, was jeden Tag passieren kann.

Textyogi: Wo findest du deine persönliche Erfüllung – beim Yoga oder beim Designen? Oder ganz woanders?

Nathalie Prieger: Ich habe Freude an alltäglichen Aufgaben, am Yoga und am Designen einer neuen Kollektion – das gehört für mich zusammen und hat dieselbe Wertigkeit. Vor allem kommt es mir auf die Begegnung mit den Menschen an, die mir in meiner Lebenszeit begegnen.

Textyogi: Wo siehst du dich in 20 Jahren?

Nathalie Prieger: Wirklich keine Ahnung! Da bin ich 69 Jahre alt – so schnell, wie sich unsere Umwelt und Gesellschaft gerade verändern, kann ich nicht  einschätzen, wie meine Zukunft aussehen könnte. Alles ist vergänglich…aber ich hoffe meine Yogamatte werde ich dann immer noch ausrollen und einen Sonnnengruß A und B machen.

Textyogi: Herzlichen Dank für das Interview!

Foto: Nathalie Prieger

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